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27.11.2019

Nina Könnemann, Charlotte Prodger und Eduardo Williams (2)

Nina Könnemann, Charlotte Prodger und Eduardo Williams (2)

 

An zwei Abenden stellt das Programm Werke dreier Filmemacher_innen vor, die subjektives Beobachten im Alltag unter der Prämisse identitäts- und gesellschaftspolitischer Fragestellungen geltend machen. Trotz unterschiedlicher dramaturgischer Umsetzungen besteht eine entscheidende Gemeinsamkeit darin, die Bedeutsamkeit nonkonformer Bewegungen und Identitäten zum Anlass des Erzählens zu nehmen. Alle drei beschäftigen sich mit queerer Identität, Konfrontation mit fremder Intimität, Community, unkontrollierten Bewegungen, Flow und Voyeurismus. Die Räume, in denen diese Bewegungen stattfinden, werden als jene distinkten Räume genommen, die sie jeweils sind. Nichts wird hinzugefügt. Solcher Art erzeugte Faktizität provoziert zuweilen Langeweile, Unsicherheit oder Überforderung. Im Gegenzug dazu entsteht Raum für die Entleerung vorgefertigter Ästhetiken eines politisierten und mystifizierten Anderen. Die so gewonnene Freiheit ermöglicht es, subjektives Betrachten durch die Blicke der Filmemacher_innen zu reflektieren. Die Anerkennung der Unsicherheit im gemeinsamen Erleben des filmischen Ablaufs setzt alternative Wahrnehmungsräume frei. Als politische Haltung wird dies zudem in der Interaktion mit fremden und befreundeten Communities reflektiert, ebenso in der Verwendung von Textmaterialien, die zur Bildung von eigenen Entwicklungen beigetragen haben, und der Auseinandersetzung mit Orten, an denen Kontemplation oder der passionierte Ausdruck anderer Identitäten zum Ausdruck kommen.

Die Kameras werden oft in diese Bewegung miteinbezogen. So verwenden alle drei neben herkömmlichen Kameras Mobiltelefone, Apps zur Liveübertragung, 360-Grad-Kameras oder eigenes Found Footage mit sichtbaren Spuren älterer Technologien. Bildschirme werden abgefilmt, Aufnahmen live überblendet. Im Headset wird direkt subjektiv geschnitten. Man spürt das Atmen des Menschen, der die Kamera hält und bedient, man sieht Finger im Objektiv, die Geräusche zerreißen beinahe das zu kleine Mikrofon, es wird mit der Kamera freihändig hinterhergegangen, versteckt oder offen. So entsteht eine Art Symbiose zwischen Technologie und den filmenden Körpern. Man spürt bei allen drei Filmemacher_innen die jeweils grundsätzlich vorgefasste emphatische Involviertheit, vielleicht eine Zugewandtheit zu einem jeweils eigenen Subgenre. Das Einbinden von Zufällen, die jedoch meist auf Recherche beruhen, die Verwendung von alltäglichen Kameras, der distanzierte, dennoch deutlich beobachtende Blick und die Wahl der Einfachheit des filmischen Gegenstands deuten darauf hin. Hierin liegt ein enthierarchisierendes Element, das eine Relevanz alltäglicher Bewegungen von Menschen und deren Äußerungen beansprucht.

 

 

Programm

 

Nina Könnemann, Unrise, 2002, 10 min
Eduardo Williams, Que je tombe tout le temps? (That I'm falling?), 2013, 15 min
Charlotte Prodger, Stoneymollan Trail, 2015, 43 min
Nina Könnemann, Video is a Box, 2019, 12 min

 

Vorgestellt von Melanie Ohnemus, anschließend Gespräch mit Nina Könnemann

 

Nina Könnemann lebt in Berlin. Ausstellungen/Screenings (Auswahl): Que Onda, Gaga Gallery/Reena Spaulings, Los Angeles (2018); Free WiFi 3, Centre Pompidou, Paris/KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2017); Free WiFi, Oststation, Wien (2016).

 

Melanie Ohnemus ist Kuratorin für zeitgenössische Kunst. Sie lebt und arbeitet in Wien.