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30.11.2022

Raise and Un-Raise Your Voices! Choirs in Moving Images | Teil 2

Raise and Un-Raise Your Voices! Choirs in Moving Images | Teil 2

 

Raise and Un-Raise Your Voices! Choirs in Moving Images
Programmreihe kuratiert von Marietta Kesting und Constanze Ruhm

 

Musikalische und rhythmische Töne produzieren zu können, ist eine Fähigkeit, die Menschen, Maschinen und Tiere, insbesondere Vögel, verbindet. Das Vortrags-, Film- und Live-Programm möchte an drei Abenden historische und zeitgenössische (Protest-)Chöre, „Singspiele“ und Bild-Tonexperimente im mumok kino zur Aufführung bringen. Neben Fragen zu performativen Ästhetiken und dem historischen Rückbezug auf Oralität, der Spannung zwischen „liveness“ und technischer Aufzeichnung sowie den Akten des Verlautens und Hörens zeigen sich hier signifikante Versuchsanordnungen einer sozialen künstlerischen Praxis, die vor allem davon handelt, dass jemand „die Stimme erhebt“. Dies kollektiv oder alleine zu tun ist dabei stets auch ein politischer Akt. Geprägt von unterschiedlichen Klangstrategien von Musiker*innen, Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und auch Maschinen werden Auf- und Ausrufe, Anrufungen, Beschwörungen, Befragungen hörbar, sichtbar und erfahrbar.

 

Lokal wie international existieren unterschiedlichste Experimente mit Chören und (Live-)Performances zwischen Kunst, Musik und Bewegtbild in vielfältigen Überschneidungen, wie beispielsweise in Arbeiten aus dem afroamerikanischen Kontext von Jace Clayton (Omnipresence), in Installationen jüngerer österreichischer Künstlerinnen wie Marlies Pöschl, oder in den Performances des von Constanze Ruhm und Florian Paul Ebner gegründeten queer-feministischen Chors MALA SIRENA. Während man bei politischen Wahlen seine Stimme „abgibt“ oder sich auch enthalten kann, behält man in einem Chor die eigene Stimme, die sich mit anderen Stimmen addiert und so temporär Teil einer multivokalen Kollektivität wird. In chorischen Formaten und ihren vielfältigen Neu-Interpretationen werden somit neue Kollektivitäten und Kooperationen erprobt. Eine feministische und queere künstlerische Praxis, die oft mit Forderungen nach einer anerkennenswerten und inklusiven Sichtbarkeit einherging, wird nun teilweise über kollektive Formate der Hörbarkeit, des lautstarken Protests, aber auch einer neuen Pleasure-Politik des „Ansingens gegen die Macht und Ungerechtigkeiten“ erweitert.

 

 

 

Teil 2 am Mittwoch, 30. November, 19 Uhr
WORKING / AGENCY

 

Dieser Abend beschäftigt sich im Kontext medialer Übertragungen mit Stimmen, die sich erheben: Das damit verbundene Thema der Selbstermächtigung (agency) wird auch im Hinblick auf Formen von sichtbarer, unsichtbarer oder verschwundener, hörbarer, unhörbarer, noch zu verrichtender, unverrichteter oder auch unverrichtbarer Arbeit untersucht. Ausgangspunkt ist Wendelien van Oldenborghs Werk No False Echoes – ein Titel, der eine Warnung, eine einfache Aussage oder vielleicht auch eine Frage sein könnte. Der Film erzählt im Kontext der historischen niederländischen Kolonialpolitik von den ersten Radioverbindungen zwischen den Niederlanden und der damaligen Kolonie Niederländisch-Ostindien (niederländisch Nederlands-Indië, indonesisch Hindia-Belanda) bei denen die Philips-Rundfunkgesellschaft PHOHI sowie der Sender Radio Kootwijk entscheidende Akteur*innen waren: eine koloniale Echokammer, die jede kritische und abweichende Stimme zum Schweigen bringen sollte. Pana Ha'geshem (The Rain is Gone) von Noam Enbar handelt von Asylwerber*innen aus Eritrea und dem Sudan, die im Holot Detention Center in Israel festgehalten werden – Menschen in der Schwebe und ohne Perspektive, die weder in ihr Heimatland zurückkehren können, noch irgendeine Aussicht auf Einreise nach Israel haben. Ein Chor „rechtloser“ Stimmen nimmt sich das – wenn auch nur metaphorische – Recht, sich zu erheben: Improvisiert wird eine Komposition von Noam Enbar, die auf einem populären israelischen Lied basiert, das landwirtschaftliche Traditionen beschwört. Doch für die in Holot Festgehaltenen gibt es keinen Regen, auf den man wartet, kein Land zu bearbeiten, sondern bloß diesen perspektivlosen Ort eines vermeintlichen Übergangs, der hier auf Dauer gestellt ihren Leben staatliche Gewalt einschreibt. Sounds From Beneath von Mikhail Karikis imaginiert die (historische) Klanglandschaft eines aufgelassenen Kohlebergwerks: Der Künstler inszeniert einen Bergarbeiterchor, der die industriellen Geräusche der Arbeit in einem Bergwerk erinnert und vokalisiert. Die ehemaligen Bergarbeiter erheben ihre Stimmen, um die Vergangenheit körperlicher Schwerstarbeit als klangliche Erinnerung zu evozieren, als die Spur einer Vergangenheit, die auch ihren Gesichtern und Gesten eingeschrieben bleibt. Den Abschluss des Programms bildet der Kurzfilm A Film About the Desire to Make it Work von Franzis Kabisch und Laura Nitsch, in dem mehrere Stimmen gleichzeitig zu Wort kommen, manche andere aber versagen. Eine Radiomoderatorin verliert ihre Stimme – oder vielleicht wird sie von den anderen einfach nicht gehört? Im Gegenzug „spricht ein trauernder Chor zu ihr – nicht mit Worten, sondern mit Klängen, Geräuschen und Körpersprache" (aus dem Text der Künstlerinnen).

 

 

 

Programm

 

Wendelien van Oldenborgh, No False Echoes, 2008, 31 min
Noam Enbar, Pana Ha’Geshem (The Rain is Gone), 2016, 17 min
Mikhail Karikis, Sounds From Beneath, 2011–2012, 7 min
Franzis Kabisch & Laura Nitsch, A Film About the Desire to Make it Work, 2018, 28 min

 

Vorgestellt von Marietta Kesting und Constanze Ruhm

 

 

 

 

 

Teil 1 am Mittwoch, 16. November: INVOCATION mit Jace Clayton

 

Teil 3 am Mittwoch, 7. Dezember: RESONANCE / ALGORITHMS

 

 

 

Marietta Kesting ist Medien-und Kunsttheoretikerin, lehrt zurzeit an der Universität Potsdam und ist Teil der Publikationsplattform b_books.

 

Constanze Ruhm ist Künstlerin, Filmemacherin, Autorin und Kuratorin. Sie lehrt seit 2006 an der Akademie der bildenden Künste in Wien als Professorin für Kunst und Medien.