Dienstag bis Sonntag
10 bis 18 Uhr
05.11.2014
Scan Scroll Surf
Der Arbeit mit „gefundenem“ Material wurde lange eine (ideologie-)kritische Funktion bescheinigt. Vom Found-Footage-Film bis hin zur Appropriation- und Recombinant-Art lag ein wichtiger Ansatz darin, verborgene Subtexte und so auch eine Art ideologisches Fundament des (Film-)Bildes zutage zu fördern. Jüngste Entwicklungen im Digitalbereich gehen diesbezüglich noch einen Schritt weiter, zielen sie doch auf die Konstruktion völlig neuer, jenseits der Semantik des angeeigneten Materials liegender Bedeutungskontexte. Jesse McLean kann mit als Vorreiterin dieses Trends angesehen werden: Großteils mit übernommenen Fundstücken operierend, extrahiert sie aus diesen höhere, teils hochgradig erratische Zusammenhänge, die – selbst durch und durch medial – eine Art Jenseits des Medialen anzeigen. Ähnlich geisterhaft geht es bei Josh Kline zu, der den früh verstorbenen Rockstar Kurt Cobain aus dem digitalen Orkus zu uns sprechen lässt. Näher am klassischen Filmbereich scheinen sich dagegen Johann Lurf und Norbert Pfaffenbichler zu bewegen: Lurf, indem er die Logos der großen Hollywood-Studios zu einem fulminanten ballet électronique verdichtet; Pfaffenbichler, indem er eine der berühmtesten Szenen der Filmgeschichte – im Filmklassiker Panzerkreuzer Potemkin lässt Sergej Eisenstein einen Kinderwagen unkontrolliert die Treppe von Odessa herabstürzen – einem entfesselnden Reenactment unterzieht.
Johann Lurf, Twelve Tales Told, 2014, 4 min
Jesse McLean, Magic for Beginners, 2010, 21 min
Melanie Gilligan, 4 x exchange / abstraction: section 4, 2013, 2 min
Josh Kline, Forever 27 (Kurt), 2013, 15 min
Jesse McLean, Remote, 2011, 11 min
Norbert Pfaffenbichler, Odessa Crash Test (Notes on Film 09), 2014, 6 min
Jesse McLean, The Invisible World, 2012, 20 min
Anschließend Gespräch mit Jesse McLean und Christian Höller.
Jesse McLean lebt Cedar Rapids, Iowa, USA. Ausstellungen/Festivals (Auswahl): Flaherty Seminar (invited artist), New York (2014); Internationale Kurzfilmtage Oberhausen (FIPRESCI Prize, 2014); International Film Festival Rotterdam (2012, 2013).