Dienstag bis Sonntag
10 bis 18 Uhr
18.1.2017
Stranded at Schwimmen-zwei-Vögel (4)
Im ersten Absatz seines wunderbar wahnsinnigen Meisterwerks Auf Schwimmen-zwei-Vögel schreibt Flann O’Brien: „Ein Anfang und ein Ende pro Buch waren etwas, das mir nicht behagte. Ein gutes Buch kann drei völlig verschiedene Anfänge haben, die nur im vorausschauenden Wissen ihres Verfassers zusammenhängen, und mindestens hundertmal so viele Schlüsse.“ Dieser Logik folgend, wird dieses Programm an vier Abenden vier Themen präsentieren, wobei jeder Abend unabhängig von den anderen sein wird. Alle sind eigenständig und in sich abgeschlossen. Allerdings wird ihre Verschiedenheit nicht lange bestehen bleiben, da sie sich notwendigerweise denselben Raum teilen. Sie werden also miteinander interagieren und sich ineinander auflösen. Tiere in der Architektur und Politik in Reimen.
Wollte man den Erfolg einer philosophischen Idee an ihrer Verankerung im allgemeinen Bewusstsein messen, wäre Marx’ Konzept des Warenfetischismus ein heißer Kandidat für den ersten Platz. Die Idee, dass Waren sich verhalten können, als besäßen sie ein eigenes Leben, oder dass sie uns dazu bringen, uns so zu verhalten, als hätten sie eines, ist in unserer Gedankenwelt so verwurzelt, dass sie schon beinahe zu einem Gemeinplatz geworden ist. Viele Aspekte unseres Alltagslebens und unserer Kultur werden so verständlich, vom Sammeln von alten Autos über HAL bis hin zu dem „Uncanny Valley“-Problem hochentwickelter Roboter und digitaler Animation. In Arbeiten von Michael Eddy oder Elizabeth Price etwa werden kapitalistische Symbole wie Kreditkarten (Eddy) oder Luxusautos (Price) als beseelt präsentiert. Was wäre, wenn ein ökonomisches System – und damit der Austausch von Gütern und Kapital – einem Ökosystem ähneln würde? Für Künstler_innen bedeutet das eine Verwischung der Trennung von Lebensreflexion und Imitation artifizieller Systeme. Als empfindungsfähige Artefakte scheinen die digitalen Wesen in Ann Lislegaards Arbeiten unsere Welt, die sie geschaffen hat, bereits verlassen zu haben und ihr eigenes Universum zu bewohnen, einen fiktionalen Raum aus diversen Science-Fiction-Welten.
Jean Painlevé, La Pieuvre, 1927, 12 min
Elizabeth Price, West Hinder, 2012, 22 min
Michael Eddy, Infinite Cruelty, for nothing, 2016, 33 min
Ann Lislegaard, Spinning and Weaving Ada, 2016, 3 min
Ann Lislegaard, Time Machine, 2011, 6 min
Ann Lislegaard, Dobaded Dobaded, 2014-2015, 6 min
Ann Lislegaard, Oracles, Owls… Some Animals Never Sleep, 2012-2014, 10 min
Kuratiert und vorgestellt von Yuki Higashino, Gast: Ann Lislegaard
Yuki Higashino lebt in Wien. Er hat kürzlich ausgestellt in Le BBB centre d’art, Toulouse, Schneiderei, Wien (2016), Mount Analogue, Stockholm, und Skånes konstförening, Malmö (2014, jeweils mit Elisabeth Kihlström). Im November 2016 wird er eine gemeinsame Ausstellung mit Elisabeth Kihlström in der Gallery G99, House of Arts, Brno, präsentieren.
Ann Lislegaard lebt in New York und Kopenhagen. Ausstellungen (Auswahl): Paraspace, Tel Aviv Museum (2015); What if, MOCAD – Museum of Contemporary Art Detroit (2009); Science Fiction and Other Worlds, Astrup Fearnely Museum of Modern Art, Oslo (2007); Dänischer Pavillon, 51. Venedig-Biennale (2005).