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18.10.2023

mumok Kino
Temporalities of identity: zwischen Porträt und Performance

Temporalities of Identity: Zwischen Porträt und Performance

Temporalities of Identity verhandelt Aspekte der Identität aus der Perspektive temporaler Beziehungen abseits eines linearen Verständnisses von Zeit und verknüpft dabei autobiografische Ansätze mit Themen wie koloniale Geschichte(n), kulturelle Aneignung und die prekäre Position einzelner in sozialen Strukturen. Aktuelle Fragen zu Individualität sowie Gender und schwarzen Identitäten werden im Rahmen einer historischen Perspektive gefasst, indem das Programm kunstgeschichtliche Hinweise und Referenzen in den zeitgenössischen Arbeiten britischer Künstlerinnen – Ayo Akingbade, Onyeka Igwe, Tanoa Sasraku – aufgreift und diese in Relation zu US-amerikanischen Performancepraktiken der 1970er-Jahre setzt – Trisha Brown, Theodora Skipitares, Sheryl Sutton.

Gilt Trisha Browns frühe Performance Water Motor – von der Filmemacherin Babette Mangolte 1978 auf 16mm Film festgehalten – als zentrale Arbeit im Kontext einer minimalistischen, an Gesten des Alltags orientierten Tanzpraxis, sind ähnliche Aufführungen der Afro-Amerikanerin Sheryl Sutton – „a figure of […] transparency", (1) wie Tina Post über sie schreibt – kaum bekannt. So etwa ihre zweiteilige Performance Paces (1977), in deren ersten Teil die Tänzerin Bewegungen des Gehens in unterschiedlicher Dauer und Variationen von Schrittfolgen ausführt. Theodora Skipitares’ Performance-Arbeit The Venus Cafe (1977) greift auf autobiografische Textpassagen zurück und verknüpft diese mit elaborierten Kostümen und Masken, um patriarchale Familien- und Gesellschaftsstrukturen in den Blick zu nehmen. Während Ayo Akingbades Filme A is for Artist (2018) und Hella Trees (2020) sich mit jungen Künstler*innen-Identitäten im Rahmen fiktiver, dokumentarisch angelegter Porträts befassen, setzt Tanoa Sasraku in O’Pierrot (2019), ihrer Neufassung des amerikanischen Avantgardefilm-Klassikers Rabbit‘s Moon (1950/71) von Kenneth Anger, die Commedia dell’arte Figuren des Harlekins und Pierrots ein. Ausgehend von einem präzise festgelegten Set-Design verschränkt der Film Fragen von „mixed-race heritage“ und britischer sowie US-amerikanischer Geschichte zu einem surrealen Narrativ, in dem das Begehren nach Anerkennung und die Suche nach der eigenen Identität in einer weißen Gesellschaft als emotionaler Kampf ausgetragen wird. Onyeka Igwes No archive can restore you (2020) erforscht das Innere des verlassenen Gebäudes der ehemaligen Nigerian Film Unit in Lagos, jener Ort, an dem nicht nur die filmische Vergangenheit Nigerias in verstaubten Kanistern versammelt liegt, sondern der im Kontext von Igwes langsamen Kamerafahrten zugleich das Erbe britischer Kolonialgeschichte offenlegt.

 

Temporalities of Identity nimmt Anleihe bei Performancetheorien zu Wiederholung und Wiederherstellung („restoration“), respektive des Begriffs der „restorative performances“: „[t]he capacity to warp or subvert the familiar and dominant through restorations—as repair or mending—of what has been forgotten, overlooked, misremembered, suppressed, dormant, or denied.“ (2) Zugleich verweist das Filmprogramm auf Gilles Deleuzes Konzept des „Kristallbildes“, das dieser im Kontext eines filmischen Zeitbegriffs entwickelte, um das lineare Verhältnis zwischen Vergangenheit und Gegenwart als gebrochen und in neuen temporalen Zusammenhängen in Erscheinung treten zu lassen.  

 

 

 

Programm

 

Sheryl Sutton, Paces, 1977, Performance-Dokumentation (Ausschnitt), ca. 5 min
Babette Mangolte, Water Motor, 1978, 16mm, 8 min
Theodora Skipitares, The Venus Cafe, 1977, Performance-Dokumentation, 18 min
Ayo Akingbade, A is for Artist, 2018, 4 min
Ayo Akingbade, Hella Trees, 2020, 7 min
Tanoa Sasraku, O’Pierrot, 2019, 14 min
Onyeka Igwe, No archive can restore you, 2020, 5 min

 

Vorgestellt von Bettina Brunner, mit einer zusätzlichen Einführung zu Sheryl Suttons Performances von Tina Post, Assistant Professor, Department of English, University of Chicago (video call).

Im Anschluss an das Filmprogramm Gespräch mit Tanoa Sasraku.

Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

 

Die Aufnahme von Sheryl Suttons Performance Paces in The Kitchen, New York vom 10. Februar 1977 wird im Anschluss an das Filmprogramm in voller Länge (ca. 45 min) zur Verfügung stehen. [Courtesy of The Kitchen, NYC und Getty Research Institute, Los Angeles (2014.M.6)]
 

 

(1) Tina Post, Deadpan: The Aesthetics of Black Inexpression, New York: NYU Press, 2023, S.108.
(2) Soyica Diggs Colbert, Douglas A. Jones Jr., u.a. Introduction in: dies. (Hg.), Race and Performance After Repetition, Durham und London: Duke University Press, 2020, S.8.

Tanoa Sasraku, O' Pierrot, 2019, 8mm film still, © the artist.