30. November 2018 bis 28. April 2019
Ernst Caramelle
Ein Résumé
Das mumok zeigt die erste umfassende Retrospektive zum Werk des österreichischen Künstlers Ernst Caramelle (geboren 1952 in Hall in Tirol).
Die Präsentation umfasst alle Werkphasen von 1974 bis in die Gegenwart. Dramaturgisch verschränkt sie die unterschiedlichen Medien und die konzeptuellen Verfahrensweisen auf anschauliche Weise, ohne dabei deren subtil-strategische Verklausuliertheit preiszugeben.
Nur bedingt chronologisch angelegt, zeigt die Ausstellung das Ineinandergreifen und die durchgehende Referenzialität zwischen den medialen Werken (Foto, Video, Reproduktion von medialen Bildern), der Wandmalerei, den sogenannten Gesso Pieces, den Zeichnungen, den Aquarellen, den „Lichtarbeiten“ und dem im Schaffen Caramelles zentralen Komplex der Druckgrafik. Erst über die wechselseitigen Bezüge zwischen seinen Arbeiten erschließen sich die reichhaltigen Überlegungen und Bildfindungen des Künstlers.
Formal spielen Abstraktion und zeichenhafte Figuration bis zur abschweifenden, floralen Formlosigkeit ineinander – als Formen einer testenden, anarchisch-entgrenzenden Haltung gegenüber der Verfestigung und Ideologisierung diverser Ismen.
Inhaltlich werden künstlerische Produktivität, die Rolle des Künstlers, seine Verflechtung mit dem Markt und dem Museum sowie die Verhandlungen zwischen Institutionen und Künstler_innen ins Visier genommen – Bildwitz, Slapstick, diagrammatische Wendungen, pataphysische Strategien, comichafte Elemente kommen dabei ebenso ins Spiel wie sprachliche Quasiaphorismen mit nonsensischen Untertönen. Ein produktiver, referierender Eklektizismus mit Eigensinn ist am Werk, der „reine“ Formen der (abstrakten) Malerei oder der Zeichnung aus den Angeln hebt. Hintersinn, Ironie, das Paradoxe und eine akribische Untersuchung der Bedingungen unserer Wahrnehmung und der Repräsentation setzt der Künstler methodisch ein, en passant, ohne mit dem Finger darauf zu zeigen.
Neben rund 350 Arbeiten aus vier Jahrzehnten, die im Rahmen der Retrospektive gezeigt werden, realisiert Ernst Caramelle für das mumok zwei neue ortsspezifische Wandmalereien, die mit dem Raumkonzept und dem gesamten Œuvre gedanklich und methodisch verzahnt sind.
Kuratiert von Sabine Folie