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mumok insider | 14.8.2024

Queer Feministisch Betrachtet
Avant-Garde and Liberation

Queer Feministisch Betrachtet: Avantgarde and Liberation

Ein Beitrag von Mikki Muhr zum Ausstellungsrundgang Queer Feministisch Betrachtet in Avant-Garde and Liberation

 

Ich möchte diesen Blogbeitrag zum Queer Feministisch Betrachtet Pride Special, zu dem wir am 1. September nochmals einladen, mit einem Zitat von Denisa Tomková aus dem Katalog This Space Is Too Small For Our Bodies von Robert Gabris beginnen: 

 

Als weißer Kuratorin und Akademikerin ist mir bewusst, dass ich das Privileg genieße, mich durch die Welt zu bewegen, ohne je auf meine ethische Herkunft angesprochen, von ihr gestört oder belastet zu werden. Der Philosoph und Kurator Paul B. Preciado als Trans-Person hielt nach seiner Transition fest: „Das Erste, was ich als Trans-Person lernte, war, wie man auf der Straße von anderen als Mann angesehen wird. […] Doch das Wichtigste, was ich entdeckte, war, dass ich in dem patriarchalisch-kolonialen System als sogenannter ˒Mann˓ und sogenannter ‚Weißer‘ erstmals das Privileg von Universalität beanspruchen konnte.[1] 

 

In demselben Buch spricht Robert Gabris darüber, wie der Zwang zur Identität im Kunstbetrieb für ihn zu einem Dilemma geworden ist, und wie sehr ihn das ermüdet.[2] Denn es ist ein Privileg, nicht repräsentieren zu müssen. Repräsentieren verursacht paradoxe Probleme und Verletzungen, die von Queers, BIPocs, Transpersonen, Menschen mit Behinderung, Frauen* in diesem heteronormen, patriarchal-kolonialistischen System erfahren werden (bei dieser Aufzählung geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um intersektionales Verstehen von Diskriminierungen). „Repräsentationale Gerechtigkeit vergisst, dass nicht Repräsentation selbst, sondern die von ihr ausgehende Gewalt das Problem ist“ (…) und die in „Ausstellungsräumen eingeschriebene cis-weiße-patriarchale Subjektivität“ sich als universell geriert.[3] Als anwesende Kunstbetrachter*innen sind wir durch unsere Körper und unseren Betrachtungsweisen mit Systemen der Diskriminierung und Repräsentation verbunden. Was tun wir hier eigentlich? Womit sind wir unterschiedlich konfrontiert? Und wie können wir in diesen musealen Räumen unterschiedlich agieren? Künstlerische Arbeiten von Diedrick Brackens, Robert Gabris, Cauleen Smith und Zoe Leonard, die von queeren Erfahrungen und Vorstellungen getragen sind, eröffnen Räume für diesen Austausch.

 

Avant-Garde and Liberation wird oft als eine Ausstellung beschrieben, für die mensch viel Zeit braucht. Ich begrüße das, denn sie stellt, wie Moffatt Takadiwa in einem Interview sagte,[4] Institutionen und das darin gewonnene Wissen in Frage und zeigt ein anderes Verständnis von Kunst und dem, was diese zustande bringen kann. Mit 24 internationalen und lokalen zeitgenössischen Künstler*innen der Schwarzen Diaspora, Künstler*innen aus Afrika, Asien und dem Black Atlantik, die sich mit dem Wissen von Künstler*innen, Aktivist*innen und Gelehrten dekolonialer und antirassistischer Befreiungsbewegungen der 1920er- bis 1960er-Jahre verbinden, können Erfahrungen und Wissen neu verknüpft und Erkenntnisse für die Zukunft generiert werden. Reflexionen, die spiralförmig Gegenwart mit vorgängigem Wissen verbinden, um an einer gerechteren Zukunft zu bauen – Denkbewegungen, die an die Ausstellung Blackness, White and Light von Adam Pendleton und das Vermittlungsprogramm Lernen in Veränderung von JG Danso anknüpfen, das sich 2023 mit großer Resonanz an die Schwarze Community in Wien wandte und mit Lesungen des Queer Writer Circles Vienna in der Ausstellung intersektional unterschiedliche Stimmen hörbar machte.

 

Eine Schwarze Schülerin aus Oberösterreich fragte bei einem Kunstgespräch, ob hier häufig Arbeiten so vieler Schwarzer Künstler*innen zu sehen seien – was ich verneinen musste. Dem Kurator Christian Kravagna, der sein Verhältnis zum mumok als ein langjähriges und kritisches beschreibt, ist es wichtig, dass Avant-Garde and Liberation einen „strukturell institutionellen Nachhall findet“– dass es danach nicht wieder eine Ausstellung zur Kunst der 1960er-Jahre gibt, in der nur weiße, europäische und nordamerikanische Künstler*innen gezeigt werden, wie er im oben erwähnten Radiobeitrag ausführt.[5]

 

Bei dem Ausstellungsrundgang Queer Feministisch Betrachtet werden wir zum Abschluss gemeinsam das Gedicht I want a Dyke for President von Zoe Leonard aus dem Jahr 1992 lesen. Bei einer Veranstaltung im Jahr 2016 antworteten Fred Moten, Wu Tsang, Malik Gaines, Eyleen Myers, Pamela Sneed und andere ihrerseits mit Texten darauf. Wir nehmen uns Platz und Zeit, mit Zuwendung und Genuss am Austausch, und werden verschiedene Stimmen in die Ausstellung bringen – am 1. September um 14 Uhr. 

Hier geht es zur Anmeldung.

 


[1] Paul B. Preciado, Can the Monster Speak?, London 2021, S. 31, zit. N. Denisa Tomková, „Projekt ERROR. Das Potential der Sorge jenseits von Ausstellungen“, in: Robert Gabris, This Space Is Too Small For Our Bodies, Köln 2023, S. 120.
[2] Gespräch mit Christian Kravagna, siehe ebenda, S. 67.
[3] Luce deLire, „Jenseits der Repräsentationalen Gerechtigkeit“, in: Texte zur Kunst, Nr. 129 (2023), S. 49, online unter: https://www.textezurkunst.de/de/129/luce-delire-jenseits-der-reprasentationalen-gerechtigkeit/.
[4] Ö1 Diagonal vom 6. Juli 2024. 
[5] An dieser Stelle möchte ich auf die wichtige Führungsreihe Turning the Page. Representation of Blackness der Historikerin Tayla Myree im Belvedere Wien hinweisen.

 

schwarz weiße Zeichnung von Mikki Muhr

© Mikki Muhr